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25.09.12 –
Einladung des Ortsverbandes Edewecht und des Kreisverbandes Ammerland von Bündnis 90/ Die Grünen war der Allgemeinmediziner Dr. Thomas Fein aus Norden zu Gast. Herr Dr. Fein ist Mitautor einer Studie mit dem Titel „Gesundheitsgefährdung durch Hähnchenmastanlagen der Intensivtierhaltung“ und 1.Vorsitzender Norder Bürgerinitiative gegen Massentierhaltung e.V..
Etwa 45 Gäste versammelten sich im Schützenhof Edewecht, um nach einer kurzen Begrüßung durch die GRÜNE Ratsfrau Hiltrud Engler und die Landtagskandidatin der Ammerländer GRÜNEN, Susanne Miks, dem Fachvortrag des Arztes und Homöopathen zuzuhören und sich an der anschließenden Diskussion zu beteiligen.
„Gesundheitsgefährdung für den Menschen durch Massentierhaltung – Verbreitung multiresistenter Keime über Ställe und Exkremente“, so lautete der Titel des Vortrags.
Susanne Miks wies in ihrer Begrüßung darauf hin, dass laut EU-Definition die offizielle Massentierhaltung erst ab einer Haltung von 40.000 Hühnern in einem Stall beginnt. Sie fügte hinzu: „Im Februar 2012 gab es in unserem Landkreis 369.000 Hühner. Durch weitere Stallbauten auf dem Gebiet der Stadt Westerstede und in der Gemeinde Wiefelstede kommen im Verlauf des Jahres rund weitere 150.000 Geflügelmastplätze hinzu.“ Herr Dr. Fein ergänzte zu Beginn seines Vortrags, dass laut einer Umfrage die gefühlte Massentierhaltung bei 1000 Hühnern in einem Stall beginnt.
Der massenhafte Antibiotika-Einsatz in der industriellen Massentierhaltung gilt als wesentliche Ursache für das verstärkte Auftreten multiresistenter Keime, sogenannter MRSA-Keime, und ESBL-bildender Bakterien. „Etwa 68,5 % der in Deutschland verkauften Antibiotika-Menge werden in der Tiermedizin, davon wiederum 90 % in der Nutztierhaltung eingesetzt. Ein besonderes Problem ist auch, dass Resistenzen durch die Unterdosierung von Antibiotika in der
Nutztierhaltung geradezu herangezüchtet werden“, so Herr Dr. Fein. Als Gefährdungspotential für die Verbreitung von MRSA-Keimen und ESBL-bildenden Bakterien nannte Herr Dr. Fein neben Tiertransporten die Emissionen aus den Ställen und die Ausbringung von Gülle und Hühnerkot auf den Ackerflächen. „Untersuchungen in Deutschland haben für AnwohnerInnen in der Umgebung von Tiermastanlagen ein erhöhtes Gesundheitsrisiko insbesondere für Menschen festgestellt, die an Atemwegserkrankungen leiden bzw. allergisch vorbelastet sind,“ fügte er hinzu.
Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass Nutzpflanzen sowohl Antibiotika als auch Keime über die Wurzeln aufnehmen (Prof. Grote, Paderborn). Durch die wiederholte Aufbringung von Gülle und Hühnerkot kommt es zu einer Kumulierung von Keimen und Endotoxinen im Boden.
Zusätzlich stellte Herr Dr. Fein heraus, dass die Keimbelastung in der Stallluft 120.000fach höher ist als in der unbelasteten Außenluft. „Selbst in der weiteren Umgebung eines Stalls ist die Keimkonzentration bis zu 1.000fach erhöht. Untersuchungen aus den Niederlanden haben die Verbreitung der Keime auch noch mehr als 1000 m vom Stall entfernt festgestellt. Der Einbau von Filtern ist weder in Deutschland noch EU-weit vorgeschrieben.“
2006 wurden erstmals MRSA-Keime in Schweinemastbetrieben, 2008 in Hähnchenmast-betrieben nachgewiesen. Im Jahre 2011 waren diese MRSA-Keime nach Untersuchungen des Robert-Koch-Instituts für 17,4% der Infektionen außerhalb von Krankenhäusern ursächlich. Die besondere Gefahr besteht laut Herrn Dr. Fein darin, dass das Resistenzgen in Krankenhäuser eingeschleppt wird und dort zu außerordentlichen Problemen führt.
Auch auf die Gefahr durch ESBL-bildende Bakterien ging Herr Dr.Fein in seinem Vortrag ein. Der Deutsche Forschungsverbund „Reset“, zu dem u.a. das Robert-Koch-Institut und das Bundesinstitut für Risikobewertung gehören, hat in einer aktuellen Untersuchung einen massiven Anstieg von ESBL-bildenden Bakterien in der Tiermast festgestellt. Sie fanden sich in 67 % der Viehställe, 88 % der Schweineställe und in 100 % der Hähnchenmastanlagen. ESBL-bildende Bakterien führten in jüngster Zeit zu zwei wesentlichen Infektionsgeschehen in Deutschland: dem Ausbruch durch Ehec mit zahlreichen Todesopfern im Frühsommer 2011 und dem Ausbruch von Erkrankungen durch ESBL in einem Bremer Krankenhaus, in dem sieben frühgeborene Babys erkrankten, drei davon starben.
Aus seiner Praxis berichtete Herr Dr. Fein, dass es durch zunehmende Resistenzen immer schwieriger werde, häufige Infektionen wie Mandel- oder Blasenentzündungen mit gängigen Antibiotika zu behandeln. Auch für die sogenannten Reserve-Antibiotika werden teilweise bereits Resistenzen nachgewiesen. „Man wird sich entscheiden müssen, ob man Antibiotika künftig noch für die Behandlung von Menschen einsetzen oder sie zur Produktion billigen Fleisches nutzen will“, brachte es Dr. Fein auf den Punkt.
Nach einer ausführlichen Diskussion mit den anwesenden Gästen fasste Susanne Miks zusammen: „Billiges Fleisch kommt uns teuer zu stehen. Deswegen müssen wir uns dafür einsetzen, dass die kleinen und mittleren Betriebe der bäuerlichen Landwirtschaft erhalten bleiben und sich die industrielle Massentierhaltung nicht noch weiter ausbreiten kann. Es geht um unsere Gesundheit, und die sollte uns dieses Engagement wert sein.“
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